In vielen Unternehmen unterschiedlicher Größenordnung betrachtet und betreibt man Planung als notwendiges Übel. Insbesondere in mittelständischen Unternehmen plant man, damit Zahlen für die Bank vorgelegt werden können und Auditoren aller Art die geforderten Unterlagen erhalten. Mit altbekannten Methoden rechnet man die Zahlen der Vergangenheit auf die Zukunft hoch. Dabei versucht man, die in der Vergangenheit gewonnenen Erfahrungen in Regeln zu fassen und diese Regeln auf die Hochrechnungen anzuwenden. Für dieses Vorgehen gibt es eine sehr anschauliche und drastische Kritik: Statt durch die Frontscheibe des Autos sein Ziel im Auge zu behalten, schaut man in den Rückspiegel und versucht, aus der bisher gefahrenen Strecke den künftigen Kurs abzuleiten.
Aus der Zukunft für die Vergangenheit lernen
Auch noch so ausgefeilte neuere Methoden wie zum Beispiel „Predictive Analytics“ im Rahmen von Business-Intelligence-Softwarelösungen lösen nicht diesen grundsätzlichen Konflikt. Auch eine grundsätzliche Orientierung an der Gegenwart, repräsentiert durch extrem zeitnahes Reporting der Geschäftszahlen – im Bild vergleichbar dem ständigen Blick aus der Seitenscheibe auf den Fahrbahnrand – ist zwar für die aktuelle Steuerung hilfreich und notwendig, bringt aber keine Substanz für eine mittel- oder langfristige strategische Planung.
Nun ist es nicht so, dass man aus der Vergangenheit nichts lernen könnte, eine treffende Analyse der Vergangenheit und die realistische Einschätzung der Gegenwart liefern immer notwendige Bezugspunkte für die Planung. Die wirklich wichtigen Impulse kommen aber aus der Zukunft. Nur wer bereit ist, sich ein klares Bild von den angestrebten künftigen Zuständen zu machen, wird erfolgreich planen lernen. Frederic Vester überschreibt in seinem Buch „Neuland des Denkens“ ein Kapitel mit „Aus der Zukunft für die Vergangenheit lernen“. Er beschreibt darin unter anderem zwei grundsätzliche Wege des Planen und Handelns. Der erste Weg, der herkömmlich genommen wird, ist von der Vergangenheit bestimmt. Man handelt, wenn ein Problem aufgetreten ist – mit der Folge, dass als Lösung eigentlich nur noch Korrekturen möglich sind.
Vester nennt folgende Beispiele:
- Wenn die Universitäten voll sind, schafft man einen Numerus clausus.
- Wenn Abgase uns krank machen, geht man an die Umweltschutzgesetze.
- Wenn die Energie knapp wird, überlegt man sich Sparmaßnahmen.
Die Ursache des Handelns würde dabei jeweils in bereits geschehenen Vorgängen liegen. Die zu ergreifenden Maßnahmen ließen kaum noch Freiheit und würden damit gleich wieder die künftige Entwicklung festlegen, die sich damit wieder aus der Vergangenheit ergibt.
Der andere Weg wäre, das Planen von der Zukunft her bestimmen zu lassen, von Ereignissen – erwünschten oder unerwünschten – auszugehen, die noch nicht stattgefunden haben. Vester charakterisiert dies als das erfolgreichere, weil kybernetische Modell. In der Netzplanung stellt man zum Beispiel ein in der Zukunft mögliches Problem dar und fragt sich, wie man es vermeiden könnte. In einer Art Zeitumkehr würde man sich schrittweise rückwärts bewegen, bis man bei der heutigen Situation angekommen sei.
Statt Symptome zu kurieren, setzt man sich systematisch mit den Ursachen auseinander und analysiert dabei, welche Verhaltensweisen und Prozesse geändert werden müssen, damit sich die gewünschten Zukunftsvorstellungen, die gewünschten Zustände in der Zukunft einstellen. Abbildung 1 zeigt, wie man ausgehend von den Vorstellungen über die Zukunft, die in der Vision des Unternehmens zusammengefasst sind, schrittweise die notwendigen Änderungen erarbeitet.
Mit Zustandsprofilen die gewünschte Zukunft in Worte fassen
Dabei kommt es darauf an, die gewünschten Zustände in einer geeigneten Form in Worte zu fassen. Zahlen alleine sind keineswegs geeignet, die zu erreichenden Ziele angemessen zu beschreiben. Eine geeignete Methode, um Zustände messbar zu beschreiben und zu verfolgen, ist die der Zustandsprofile. Dabei werden – ausgehend von einem gewünschten Idealzustand – phasenweise die Zwischenzustände auf dem Weg dorthin beschrieben. Abbildung 2 zeigt ein Beispiel zum Ziel, die Kundenzufriedenheit zu erhöhen. Der Idealzustand wird in der letzten Phase beschrieben, die vorausgehenden Phasen beschreiben bereits verbesserte Zustände als Voraussetzung für diesen Idealzustand. Wenn man die zu erreichenden Zustände als Potenziale betrachtet, erlaubt die Methode der Zustandsprofile eine Messung der Zielerreichung mit einer einzigen Prozentzahl, damit auch eine einfache und handhabbare Verfolgung des Status und der Fortschritte auf dem Weg zu den Zielen.
Planung aufeinander abstimmen
Die Planung erfolgt ausgehend von der Zukunft, die Umsetzung geht selbstverständlich von den bisher erreichten Zuständen aus, von der Gegenwart. In vielen Firmen werden bei Planungsmeetings vermeintliche Engpässe identifiziert, deren Beseitigung umgehend beschlossen und angegangen wird. Dabei kommt es aber darauf an, nicht einzelne Engpässe isoliert zu beseitigen, sondern im Rahmen einer aufeinander abgestimmten Vorgehensweise ausgehend von einem durchdachten und abgestimmten Zielsystem eine aufeinander abgestimmte Planung zu entwickeln, die nach den Prinzipien der größtmöglichen Wirkungsgrade entwickelt ist. Ein System – Unternehmen sind ja im weiteren Sinne komplexe Systeme – kann durch minimale Eingriffe und Aufwand an den richtigen Stellen stark verändert werden. Es kommt darauf an, diese Angelpunkte zu finden und die geeigneten Maßnahmen, in der Regel Verhaltens- oder Prozessänderungen, festzulegen. Diese Maßnahmen müssen aufeinander abgestimmt sein, damit sie sich nicht gegenseitig aufheben oder blockieren.
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