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Ohne Vorbilder keine Transformation

Warum schlechte Vorbilder die Führungskultur bestimmen

Montagmorgen: Der neue Verkäufer Fleißig wartet auf seinen Chef, mit dem er die Angebotsbesprechung für 10.00 Uhr vereinbart hat. Am Freitag hat er bis in den späten Abend daran gearbeitet, die Präsentation fertigzustellen, und am Samstag die letzten Korrekturen eingearbeitet.
Um 10.30 Uhr bekommt Fleißig eine E-Mail von seinem Chef: „Der Kunde hat am Donnerstag abgesagt – wir können das Meeting streichen.“ Keine weitere Erklärung.

Daraus lernt Herr Fleißig: Wichtige Informationen werden nicht oder zu spät weitergegeben. Eine Woche später die gleiche Situation bei einem neuen Kunden. Diesmal fragt Fleißig vorsichtshalber nach, ob der Abstimmungstermin noch steht. Er bekommt die Antwort: „Machen Sie einfach mal!“

Fleißig beobachtet, dass es seinen Kollegen ähnlich geht. Der Chef delegiert die Kundenbetreuung nicht an die Verkäufer, sondern verteilt pro Kunde einzelne Arbeitsaufträge für die Angebotserstellung, Verkaufs- oder Nachfassaktionen. Und die Kollegen beginnen immer erst mit dem Auftrag, wenn der Chef das zweite Mal mit dem Auftrag kommt. Meistens kommt er kein zweites Mal.

Da die Kollegen ihre Arbeitsweise an den Führungsstil ihres Chefs angepasst haben, hat er seine Vorbildfunktion gewissermaßen erfüllt – aber als schlechtes Vorbild.

Woran erkenne ich ein gutes Vorbild?

Ein gutes Vorbild hat eine Kompetenz oder eine Haltung, der man nacheifert. Ein gutes Vorbild gibt Orientierung und motiviert zu Handlungen. Guten Vorbildern schenkt man Vertrauen. Führungskräfte, die gute Vorbilder sind, sind von Natur aus offen, hören zu, lernen und arbeiten ständig an ihrer sozialen und methodischen Kompetenz. Gute Vorbilder sind keine Fähnlein im Wind. Sie leben Werte und verteidigen ihre Werte leidenschaftlich und konsequent.

Transformation braucht Vorbilder

Jede erfolgreiche Unternehmenstransformation benötigt Führungskräfte, die als Vorbild voranschreiten. Dazu müssen sie in Vorleistung treten, indem sie ihre Komfortzone verlassen und ihr bisheriges Rollenverständnis verändern. Im neuen Rollenverständnis führen sie nicht mehr über Befehl und Gehorsam, sondern über Ziele und Eigenverantwortung. Führungskräfte, die diese Transformation erfolgreich durchlebt haben, sind überzeugt: Sie führen nur dann erfolgreich, wenn sie ihre Mitarbeiter kontinuierlich weiterentwickeln.

Führungskräfte, die ihrem Team ein schlechtes Vorbild sind, leben mehrheitlich das Rollenverständnis eines Vorgesetzten, der Macht als Führungsmittel einsetzt. Deshalb tun sich schlechte Vorbilder erfahrungsgemäß sehr schwer, ihre Führungs-DNA zu transformieren.

Diese Transformation ist nicht vergleichbar mit dem Erlernen einer neuen Methode oder Software – sie braucht den Mut, tief in der Persönlichkeit verankerte Denk- und Handlungsweisen auf den Kopf zu stellen. Machen Sie sich von Beginn an nicht die Hoffnung, dass Sie alle Personen auf diesem Weg mitnehmen können. Sehen Sie vielmehr das große Risiko, wenn Ihr Transformationsziel und der Weg dorthin von wenigen Einzelpersonen blockiert werden.

Darum gefährden schlechte Vorbilder die Transformation

Herr Stürmisch ist Mitglied der Geschäftsführung eines mittelständischen Unternehmens. Fast täglich entstehen Konflikte zwischen Stürmisch, seinen Teammitgliedern und Führungskräften sowie Mitarbeitern aus anderen Abteilungen. Die Verkäufer aus dem Team von Herrn Stürmisch haben sich auf die Denk- und Verhaltensweise ihres Chefs eingestellt. Trotz häufiger Reklamationen, frustrierter Mitarbeiter und schwindender Bestandskunden fegt Stürmisch seit Jahren mit seiner krassen Art und Weise durch die gesamte Organisation. Er schafft es immer wieder, große Aufträge an Land zu ziehen und Umsatzziele gerade noch so zu erreichen.

Was lernen alle Mitarbeiter und Führungskräfte von der Geschäftsführung?
Hier macht jeder, was er will! Das Top-Management duldet oder akzeptiert diese Art und Weise der Führung und unternimmt nichts dagegen.

Die Frage, was ein gutes Vorbild auszeichnet, beantwortet sich häufig nicht damit, was eine Person tut, sondern vielmehr was diese unterlässt.

Obwohl die beiden anderen Geschäftsführer zeitgemäß und modern führen, prägt im Wesentlichen Herr Stürmisch, wie die Führungs- und Unternehmenskultur wahrgenommen wird.  Denn: Die gelebte Führungskultur ist nicht das Resultat aus dem Durchschnitt guten vorbildlichen Führungsverhaltens, sondern wird vom schlechtesten Vorbild einer Organisation bestimmt. Dieses schlechte Vorbild pflanzt sich von oben nach unten fort:

Top-Management beeinflusst mittleres Management

Die Führungskultur des Top-Managements beeinflusst die Führungskultur des mittleren Managements. Der Abteilungsleiter lebt durch sein Verhalten die Abteilungskultur vor, die wiederum das Verhalten der Mitarbeiter beeinflusst. Dieser Einfluss entsteht weniger durch eine aktive Prägung von Personen von oben nach unten, sondern vielmehr durch ein Erfahrungslernen von unten aus den vorgelebten Erwartungen.

Setzt man einem schlechten Vorbild nichts außer dem eigenen guten Führungsverhalten entgegen, reicht das nicht aus, um die Führungskultur nachhaltig zu verändern. Kultur entsteht nicht, indem man die Anzahl der Führungskräfte, die das Leitbild leben, mit denen verrechnet, die das Leitbild mit Füßen treten. Die Praxis zeigt: das unterste gelebte Niveau prägt den Reifegrad der Führungskultur.

Wenn ein Unternehmen ein Leitbild mit Werten und Führungsgrundsätzen entwickelt, dann ist die vornehmste Aufgabe aller Führungskräfte und Mitarbeiter, als Wächter der Werte und Grundsätze zu agieren und deren Einhaltung aktiv einzufordern. Übernimmt niemand diese Wächterfunktion, dann bleibt das Leitbild ein Lippenbekenntnis.

Gegner, Treiber und Unentschlossene im Transformationsprozess

Jeder Transformationsprozess startet mit aktiven Vorbildern, direkten und indirekten Gegnern und vielen Unentschlossenen. Direkte Gegner stehen zu Ihrer Meinung und sind aktiv für alle sichtbar dagegen. Die indirekten Gegner sind jene, die offiziell ein Vorhaben befürworten – und es im Hintergrund mit aller Macht sabotieren. Die Unentschlossenen warten in der Regel ab, ob die aktiven Vorbilder in der Lage sind, das Leitbild ins Leben zu bringen. Sie sehen sich als Zuschauer und nicht als Gestalter. Unentschlossene erkennt man an Aussagen wie: „Ich bin gespannt, ob sich nach dem Leitbild-Workshop etwas verändert.“ Geben Führungskräfte solche Sätze vor sich, zeigt dies: Sie haben ihre neue Rolle und die Aufgaben, die sich daraus ableiten, überhaupt nicht verstanden.

An dieser Stelle ist das Top-Management gefordert, unmittelbar zu reagieren und deutlich zu machen: Die Verantwortung einer Führungsrolle besteht darin, im eigenen Verantwortungsbereich das gemeinsame Leitbild zum Leben zu erwecken und sich als aktives Vorbild zu verhalten. Das beginnt mit Achtsamkeit, bei sich selbst und den Kollegen im Team: Abweichungen von Werten oder Leitsätzen unmittelbar ansprechen.

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