Warum wirksame Autorität nichts mit Machtmissbrauch zu tun hat
Der Begriff Autorität ist im Kontext von Führung stark belastet. Viele verbinden ihn mit Machtmissbrauch, Hierarchiedenken oder einem Führungsstil von Befehl und Gehorsam. Genau diese Assoziationen führen dazu, dass Autorität in modernen Organisationen häufig vermieden oder abgeschwächt wird.
Das Konzept der strukturellen Führung zeigt jedoch:
Autorität ist nicht das Problem – ihr Fehlen ist es.
Denn ohne Autorität fehlen Organisationen genau die Fähigkeiten, die sie heute dringend brauchen: klare Orientierung, Entscheidungsfähigkeit und wirksame Verantwortungsteilung.
Persönliche Führung vs. strukturelle Führung
Persönliche und strukturelle Führung lassen sich vereinfacht anhand zweier Aspekte unterscheiden:
Entscheidungsverhalten und Selbstverständnis der Führungskraft.
Persönliche Führung
In der persönlichen Führung trifft die Führungskraft Entscheidungen überwiegend selbst.
Das zugrunde liegende Selbstbild lautet häufig:
„Ich muss mich um alles kümmern – sonst entstehen noch mehr Probleme.“
Autorität wird hier oft mit persönlicher Durchsetzungskraft verwechselt. Entscheidungen hängen stark von der Person ab – nicht von klaren Rollen oder Strukturen.
Strukturelle Führung
Strukturelle Führung verfolgt einen anderen Ansatz.
Die Führungskraft schafft einen klaren Rahmen aus Zielen, Aufgaben und Werten, innerhalb dessen Mitarbeitende in ihren Rollen eigenverantwortlich entscheiden können.
Das Selbstverständnis lautet:
„Wenn ich mich um alle Details kümmere, fehlt mir die Zeit für das Wesentliche – die strukturellen Themen.“
Autorität in der strukturellen Führung
Während Autorität in der persönlichen Führung häufig als persönliche Macht interpretiert wird, bedeutet Autorität in der strukturellen Führung etwas anderes:
Autorität ist Einfluss, der einer Rolle zugeschrieben wird.
Dieser Einfluss:
- bietet Orientierung
- reduziert Komplexität
- ermöglicht eigenverantwortliches Arbeiten
Autorität entsteht hier nicht aus persönlichem Anspruch, sondern aus der Notwendigkeit, eine Rolle wirksam auszufüllen.
Autorität ist an Rollen gebunden – nicht an Personen
In der strukturellen Führung wird Autorität delegiert, nicht angeeignet.
Sie wird einer Rolle verliehen – zum Zweck der Zielerreichung und Aufgabenerfüllung.
Ein entscheidender Punkt:
Mit dem Wechsel einer Rolle wird die Autorität für die vorherige Rolle automatisch entzogen.
So wird Autorität:
- berechenbar
- nachvollziehbar
- wirksam
Und sie verliert ihren willkürlichen, persönlichen Charakter.
Warum Rollen ohne Autorität nicht funktionieren
Jede Führungs- und Ausführungsrolle ist mit klaren Zielen und Aufgaben verbunden.
Ohne Autorität für die jeweilige Rolle gibt es kein eigenverantwortliches Denken und Handeln.
Im Zusammenspiel unterschiedlicher Rollen braucht es:
- eine klare Ordnung von Zielen und Aufgaben
- abgestimmte Entscheidungs- und Handlungsspielräume
- Transparenz darüber, wer wofür verantwortlich ist
Autorität muss im Rahmen der Rolle wahrgenommen werden, damit Arbeitsteilung reibungslos funktioniert.
Autorität zeigt sich nicht im Durchsetzen, sondern im Tragen von Verantwortung
In der strukturellen Führung zeigt sich Autorität nicht durch Lautstärke oder Dominanz, sondern durch:
- Klarheit in Zielen
- Verlässlichkeit in Entscheidungen
- Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen
Autorität wird so zu einer inneren Haltung:
zur bewussten Entscheidung, die übernommene Rolle tatsächlich zu tragen.
Sachlich-funktionale Autorität statt subjektiver Macht
Aus Sicht der strukturellen Führung ist Autorität sachlich-funktional.
Sie dient dazu, Komplexität zu reduzieren und Entscheidungen im System zu erleichtern.
Persönlich gelebte Autorität wird hingegen häufig subjektiv wahrgenommen.
Werden innere Bilder, frühere Erfahrungen oder Ängste nicht reflektiert, überlagern sie schnell die funktionalen Anforderungen der Rolle.
Dann geraten:
- Prozesse
- strategische Ausrichtung
- das Wohl des Ganzen
aus dem Blick – persönliche Beziehungen übernehmen die Führung.
Wirksame Führung braucht Klarheit und Beteiligung
Wirksame Führung bedeutet:
- Ziele und Aufgaben konsequent im Blick zu behalten
- gleichzeitig das subjektive Empfinden des Umfelds ernst zu nehmen
Sie bedeutet jedoch nicht, wohlüberlegte Ziele situativ in Frage zu stellen.
Der Fokus liegt darauf, Menschen mitzunehmen und aus Betroffenen Beteiligte zu machen.
Persönliche und strukturelle Autorität integrieren
Persönliche und strukturelle Autorität stehen in Spannung zueinander.
Gelingt ihre Integration, werden Rolle und Rolleninhaber zur Einheit.
Erst dann entfaltet Führung ihre volle Wirksamkeit –
klar, berechenbar und orientierend.

